Vor kurzer Zeit habe ich eine Frage bezüglich Kälte und Bettwanzen bekommen. Gleichzeitig habe ich das als Anlass genommen, das Thema Bettwanzen mit Kälte bekämpfen nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen zu recherchieren. Wie sehr oft ist die richtige Antwort: Es kommt drauf an.
Inhaltsverzeichnis
Im Fall von Bettwanzen und ihre Überlebensfähigkeit gegen Kälte auf Faktoren wie:
- Temperatur,
- Dauer der Aussetzung der kalten Temperatur,
- Bettwanzenart,
- ob sie der Kälte direkt ausgesetzt sind oder nicht,
- u.a.
Da das für die Praxis natürlich wenig hilfreich ist, habe ich ein paar Ausschnitte mit Links zu den Studien gesammelt.
Auf einen Blick: Bettwanzen vs. Kälte
- Bettwanzen überleben Temperaturen oberhalb (wärmer) von -12 Grad Celsius für sehr lange Zeit
- Bettwanzen tolerieren Kälte besser als Hitze
- 100 % Sterberate nach 80h bei -16 Grad nach Olson, Stephen, Kells, Morin & Wang (2013)
- Gefriertruhen sollten also mindestens diese Temperatur erreichen und ein entsprechendes Volumen mitbringen (ein paar Vorschläge dafür weiter unten auf dieser Seite)
Drei Studien zum Thema Bettwanzen ihre Kälteverträglichkeit
1) Studie zur Temperaturtoleranz von Bettwanzen von Benoit, Lopez-Martinez, Teets, Philips und Denlinger (2009)
Laut dieser Studie liegt der Unterkühlungspunkt für Bettwanzen bei ungefähr -20 Grad Celsius. Außerdem sagen die Autoren, dass alle Bettwanzen bei einem einstündigen direkten Kontakt bei -16 Grad Celsius gestorben sind. Wichtig ist hierbei, dass es sich um einen direkten Kontakt handelt.
Bettwanzen vertragen also Gefrierzustände nicht sehr lange und sterben bei Temperaturen mit kürzer werdender Zeitspanne ab -16 Grad Celsius.
Als Beleg hier auch noch einmal ein Original-Zitat aus der Studie:
„Although the supercooling point (SCP) of the bed bugs was approximately −20°C, all were killed by a direct 1 h exposure to −16°C. Thus, this species cannot tolerate freezing and is killed at temperatures well above its SCP.“
Die Studie ist aktuell kostenlos online verfügbar und kann nachgelesen werden:
2) Studie zur Kältetoleranz von Bettwanzen von Olson, Stephen, Kells, Morin & Wang (2013)
In dieser wissenschaftlichen Untersuchung haben die Wissenschaftler Bettwanzen kalten Temperaturen für unterschiedliche Zeiten ausgesetzt. Dadurch wollten sie feststellen, wie sich die Kälteverträglichkeit und Sterberate der verschiedenen Lebensstadien von Bettwanzen gestalten. Also zum Beispiel auch von Bettwanzeneiern und Nymphen und nicht nur den ausgewachsenen Bettwanzen.
Im Gegensatz zur ersten Studie haben die Autoren dieser Publikation den Unterkühlungspunkt für alle Bettwanzenstadien für den Bereich zwischen −21,3°C und −30,3°C bestimmt. Dabei konnten die Bettwanzeneier die kältesten Temperaturen überleben.
Nach statistischer Auswertung (Probit-Modell) haben sie die tödliche Temperatur auf −31,2°C für alle Bettwanzenstadien bestimmt, unter der sie definitiv erfrieren.Bei Temperaturen die wärmer als dieser Wert sind, hing die Überlebensrate von der Temperatur und der Aussetzungsszeit ab.
Bei Temperaturen von −12°C oder wärmer haben die Bettwanzen die Kälte sogar bei einer dauerhaften Aussetzungszeit von einer Woche überlebt. Aber bei Temperaturen von −16°C für eine Zeit von 80h trat bei dieser Untersuchung eine Todesrate der Bettwanzen von 100 % auf.
Auch hier habe ich ein passendes Zitat für das Kernergebnis herausgesucht:
„This study found that bed bugs were less susceptible to freezing temperatures than previously reported. Benoit et al. (2009) reported −16°C for 1 h; and Naylor and Boase (2010) referenced −17°C for 2 h. In our study, bed bugs survived lower temperatures, with eggs surviving in short-term exposures (LLT) to temperatures as low as −25°C (Fig. 2). When time was considered, 100% mortality of bed bugs occurred after 80 h at −16°C (Fig. 4).“
Daraus folgt: Diese Studie konnte die Ergebnisse aus 1 nicht bestätigen (1h bei -16 Grad). Anstatt einer Stunde wurden hier nun 80h bei -16 Grad benötigt, um alle Bettwanzen in verschiedenen Stadien abzutöten.
Auch diese Studie ist aktuell kostenlos online verfügbar und kann nachgelesen werden:
3) Studie zur Stresstoleranz von Bettwanzen von Benoit (2011)
In dieser Studie kam Joshua B. Benoit zu dem Ergebnis, dass Bettwanzen aller Stadien innerhalb von einer Stunde bei Temperaturen unter -16 bis -18 °C sterben.
„Continual exposure of bed bugs, eggs and mobile stages, to temperatures below freezing and short term exposure (=1 h) to temperatures below −16 to −18 °C results in mortality. The upper thermal limit for short term exposure of eggs, nymphs and adults is between 40–45 °C for the common (Cimex lectularius) and tropical (C. hemipterus) bed bugs.“
Allerdings konnte dieses Ergebnis in der zuvor angesprochenen Studie nicht bestätigt werden. Die Ursache dafür könnte in abweichenden Testbedingungen, der getesteten Bettwanzenart oder etwas anderem liegen. Wer also auf Nummer sicher gehen möchte, sollte verdächtige Gegenstände länger bei Temperaturen von -16 °C oder niedriger verwahren (80h).
Auch diese Studie ist aktuell kostenlos online verfügbar und kann nachgelesen werden:
Auswertung: Bettwanzen mit Kälte bekämpfen
Auch wenn sich die Studien mit ihren Ergebnissen durchaus etwas unterscheiden, bleibt folgende Erkenntnis: Bettwanzen vertragen Kälte nur bis zu einem bestimmten Punkt und sterben irgendwann.
Also es könnte zum Beispiel sein, dass ein Gefrierschrank / Truhe nicht kalt genug eingestellt war, und Bettwanzen deswegen überlebt haben. Denn Bettwanzen überleben auch nach einer Woche Aussetzungszeit, wenn die Temperatur -12 Grad oder wärmer war. Aber laut der Studie von Olson et al. in 2013 (Nr. 2), konnten sie eine 100% Sterberate nach 80h bei -16 Grad feststellen.
Generell habe ich auch früher schon öfter gelesen, dass Bettwanzen Kälte besser tolerieren als Hitze. Und als alleinige Maßnahme gegen Bettwanzen ist Kältebehandlung nach meiner Einschätzung nach nicht ausreichend. Fast jede Maßnahme funktioniert am besten in Kombination mit einigen anderen. (Lesetipp: Mittel gegen Bettwanzen im ausführlichen Vergleich)
Da sich Bettwanzen an vielen Stellen verstecken können, müsste man auch viele unterschiedliche Maßnahmen vornehmen (Matratzen behandeln, Matratzenbezüge zum Schutz vor Bettwanzen/Milben, Bettgestell untersuchen + behandeln, ggf. Bettpfosten mit Bettwanzenbarrieren ausstatten und Bett von Wand rücken. Alle Teppiche/Textilien dampfreinigen, Ecken, Lücken, Risse, kleinste Verstecke z.B. Kieselgur behandeln usw, alle Gegenstände behandeln). Und alles einige Male wiederholen, da zum Beispiel ein paar Eier irgendwo überlebt haben können, und mit einem Monitoring überprüfen.
Wann ist gegen Bettwanzen Kälte sinnvoll?
Zum Beispiel dann, wenn nach einer Reise der Verdacht auf einen Bettwanzenbefall besteht und die Inhalte des Koffers oder Rucksacks vorsichtshalber wegen Bettwanzen eingefroren werden sollen. Oder wenn bestimmte Gegenstände in einer umfangreicheren Bekämpfungsaktion von möglichen Bettwanzen befreit werden sollen.
Folgende Gefriertruhen könnten sich dafür eignen (min. -16 Grad, großes Volumen für z.B. Backpacks):
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Wichtig dabei ist es aber, die tatsächliche Temperatur der Gefriertruhe zu überprüfen. Denn werden nicht die niedrigen Temperaturen erreicht, besteht eine gute Chance, dass Bettwanzen oder vor allem Bettwanzeneier überlebt haben könnten.
Außerdem sollten die Gegenstände in Beutel verpackt werden. Denn das Einsacken eines Gegenstandes vor dem Einlagern in einen Gefrierschrank schützt ihn auch etwas vor Kondenswasserbildung oder vor Schäden durch Feuchtigkeit.
Die wichtigsten Artikel zum Thema Bettwanzen auf diesem Blog in der Übersicht:
- Bettwanzen erkennen – 7 typische Anzeichen für Bettwanzen
- Bilder zu den Bettwanzen und ihren Bissen
- Bettwanzen bekämpfen in 13 Schritten
- Bettwanzen vorbeugen: Auf Reisen und zu Hause
- Mittel gegen Bettwanzen im ausführlichen Vergleich (mit Vor- und Nachteilen zu verschiedenen Produktklassen)
- Bettwanzenbisse behandeln
- Oft gestellte Fragen im FAQ